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Jahresbericht 2006/2007   

Nach drei Jahren hat sich gezeigt, dass die Kirchliche Arbeitsstelle für Gemeindeberatung und Supervision kantonalkirchlich verankert ist: in 35 Pfarreien war der Stellenleiter bei irgendeinem Gremium tätig, oft mehrmals. Gerade die Mehrfachengagements deuten auf grosse Wertschätzung hin.

Weiterhin kommen Referententätigkeiten in Dekanaten, Pastoralkreisen, Seelsorgeräumen sowie Engagements in Kommissionen und Vereinigungen hinzu.

Deutlich zugenommen hat die Zahl von Anfragen zu akuten Problemen, sei es telefonisch oder in persönlichen Gesprächen. Hier wird kein Kontrakt abgeschlossen, es kommt auch keine prozesshafte Arbeit zustande. Aber Informationen, Empfehlungen sowie Supportleistungen sind gesucht und werden gern genutzt.

Der Grund für diese oft personalpolitischen Anfragen hängen einmal mit dem Bekanntheitheitsgrad der Stelle zusammen, weiterhin mit dem Vertrauen, das nicht nur durch die Person des Stelleninhabers, sondern vor allem mit der ausgewiesenen Autonomie seiner Stelle zusammenhängt.

Der Jahresbericht bilanziert und evaluiert die Schwerpunkte der Tätigkeiten.

1 Projekt-Übersicht

Im Jahr 2007 wurden 22 Projekte durchgeführt. 17 davon konnten abgeschlossen werden, 5 gehen noch 2008 weiter.

Dabei handelt es sich immer um Projekte mit Gruppen oder Gremien sowie um eine Zweier-Mediation und ein Einzelcoaching als Teil einer Seelsorgeraumberatung.

Bei den 22 Projekten handelt es sich um Beratungen, Projektbegleitungen, Supervisionen, thematische Impulse.

1.1 Beratungs- und Themenschwerpunkte

Sämtliche Anlässe waren themen- und projektorientiert, 4 waren konfliktbezogen.

Themen waren u. a.: Bildung eines Pfarreirates aus drei verschiedenen Pfarreigruppierungen, Standortbestimmung, Klärung des eigenen Selbstverständnisses, Definition von Ressorts und Aufgabenverteilung, Zukunftswerkstatt, Fragen der Motivation, Befindlichkeitsklärung, Optimierung von Strukturen, konfliktreiche Kommunikation.

Neu wurde die professionelle Begleitung bei der Personalauswahl (angefragt durch Behörde u. a.) genutzt, um Fehlentscheidungen zu minimieren.

Zugenommen haben 2007 Tätigkeiten im Auftrag bzw. in Vertretung des Generalvikariates: Referententätigkeit im Kurs für Gemeindeleitende und Neupfarrer, die Mitarbeit in der Findungskommission für einen Ombudsmann, das Engagement als externer Experte in einer Arbeitsgruppe zur Neukonzeption des Nachdiplomstudienganges vom Pastoraltheologischen Institut der Theologischen Hochschule Chur und in der AG 44 der PPK (SBK).

1.2 Kosteneinnahmen

Die Gesamteinnahme für reine Beratungsstunden ohne Vor- und Nachbereitungssitzungen betragen Fr. 6’825.–

2 Rückmeldungen zur Stelle

Das GV erfährt aus eigenem Erleben oder über andere Kanäle Informationen, welche zur Qualitätssicherung der geleisteten Arbeit dienen. Die obligaten internen Feedbacks nach jeder Einheit belegen es darüber hinaus. Nach wie vor bildet die institutionelle Eigenständigkeit und Diskretion die Voraussetzung für eine vertrauensvolle Beratung sowie für die meisten Aufträge.

Das neue vom Berufsverband (BSO) eingeführte umfangreiche Qualitätssicherungsverfahren bietet samt obligatorischen Interventionen mit Berufskollegen eine hohe Gewähr für seriöse Qualitätsleistungen.

3 Beobachtungen aus der Beratungspraxis

3.1 Seelsorgekooperationen

Allgemein fällt auf, dass die hohe Wertschätzung der gemeindlichen Autonomie Kooperationen oft im Wege steht. Speziell Seelsorgeräume werden als «von oben verordnete» Gefässe eher als Bedrohung denn als Chance angesehen. Entsprechend harzig sind allfällige Initiativen in diese Richtung. Wenn solche strukturelle Einheiten kirchlich gewünscht und erwartet werden, dann muss durch gezieltes und verbindliches Management der dafür Verantwortlichen interveniert werden, auch durch beharrliches Verhandeln von vorgegebenen Strukturplänen. Weiterhin ist dieser Prozess beraterisch zu begleiten und allfällige Ängste sind dabei offen zu diskutieren und zu «bannen».

3.2 Kirchliche Depression

Deutlich spürbar sind resignative Äusserungen und ein skeptisches Verhalten gegenüber kirchlicher Hierarchie gewachsen. Zumal 2007 eher häufiger Konflikte zwischen Behörde und Pfarrern bzw. Pfarradministratoren zu beobachten waren, fühlen sich bei diesen Auseinandersetzungen Kirchenpflegen nach den aktuellen Entwicklungen eher ohnmächtiger als früher: einmal befürchten sie, dass die Verhandlungen mit den konkreten Personen schwieriger werden, weil diese sich weniger denn je zu Kompromissen veranlasst sehen. Zum andern, weil die Behörde selber nicht mit Unterstützung durch die Diözesanleitung rechnet. Jede innerkirchliche Infragestellung des dualen Systems in den Medien verfinstert den Horizont und lähmt ein elanvolles, zukunftsorientiertes Handeln.

 

Hier besteht das Bedürfnis, die Gemeindeberatung als Fachperson für Tipps und effektives Vorgehen zu beanspruchen, quasi als kirchenpolitischen Berater. Damit wird aber deren Grundverständnis und Auftrag – Hilfe zur Selbstklärung und Selbsthilfe zu geben – missverstanden, wenngleich sich darin ein grosses Vertrauen ausspricht.

Ähnliche Abnutzungserscheinungen werden durch päpstliche Voten etwa zur Ökumene oder durch neue bischöfliche Rahmenrichtlinien für Pfarreiräte und weitere zu erwartende Weisungen auch in Pfarreiräten und bei Seelsorgenden hervorgerufen, insofern sie als segensreich erlebte Seelsorge unterbinden. Hier muss pointiert auf die eigenen Ressourcen, auf blühende Biotope im eigenen Haus und auf realistische innovative Möglichkeiten in der nächsten Zukunft hingewiesen werden, um einer depressiven Stimmung mit hoher Ansteckungsgefahr entgegen zu wirken. Ebenso müssen sich weiterhin Zentralkommission und GV im Schulterschluss klar positionieren und konkrete Hilfestellungen geben, wobei die wichtigste wohl durch diese deutliche Positionierung selber geboten wird.

4 Perspektiven

4.1 Mediatorisches Handeln

Der Stellenleiter kann dankenswerterweise eine Ausbildung zum Mediator absolvieren. Diese ermöglicht es ihm, Konfliktfelder zusätzlich zu seinem bisherigen Beratungsinstrumentarium professionell auch noch mit der Mediationsmethode anzugehen. Dieses stark strukturierte, rein lösungsorientierte Verfahren steht und fällt mit der Unabhängigkeit bzw. Allparteilichkeit des Mediators, welche gerade bei dieser Stelle gewährleistet ist.

Weit eskalierte Konflikte können bei entsprechender Bereitschaft beider Konfliktparteien zu neuer Handlungsfähigkeit und fairer Zusammenarbeit führen. Der Vorteil dieser Methode ist auch ihre sehr speditive Arbeitsweise, da auf jedwedes «Aufarbeiten» von Vergangenem verzichtet wird. Andererseits ist ein solch «puristisches», sehr diszipliniertes Verfahren für manche Klienten gewöhnungsbedürftig, nicht zuletzt das Loslassen ihrer Bedürfnisse, Recht zu haben bzw. Recht zu erhalten, gewinnen zu wollen, Schuldige zu benennen etc.

Diesbezüglich werden in Zukunft die Zuständigkeiten von Ombudsstelle und Gemeindeberatung stärker zu profilieren sein, damit Doppelspurigkeiten vermieden und gegenseitige Zuweisung von Klienten verstärkt wird, zum Gewinn für die Mitarbeitenden unserer Kirche.

4.2 Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit soll 2008 forciert werden, sofern es die Kapazitäten der 60%-Stelle zulässt. Hierbei ist die Internetpräsenz zu berücksichtigen, aber auch jene in den Printmedien (Forum).

Lobbyarbeit zugunsten von «Mediation in den Kirchen» ist dank einer kleinen Gesprächsgruppe mit reformierten Kollegen sowie mit Andrea Gisler (Ombudsfrau) auf einem guten Weg.

Diese Ökumenische Kooperation bietet mittelfristig dafür einen geeigneten Rahmen, wobei die reformierte Seite keine auch nur ähnliche Einrichtung wie die Gemeindeberatungsstelle aufweist und mit entsprechenden Ambitionen aufgrund enger Finanzmittel zurückhaltend ist, zum Leidwesen der reformierten Kollegen und mit neidischem Blick auf die Gegebenheiten in unserer Kantonalkirche.

Nicht zuletzt sind Defizite in internen Publikationen auszumerzen: So fehlen im Personalhandbuch ebenso wie in der neu aufgelegten Broschüre «Konfliktbewältigung …» Hinweise auf die eigene kirchliche Beratungsstelle.

10. Dezember 2007


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